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Alt 19-03-2003, 19:40
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Danke, Praesident Bush:
Offener Brief eines weltbekannten Autors an das Weisse Haus
von Paolo Coelho
Danke, grosser Staatsmann George W. Bush. Danke, dass Sie jedem
gezeigt haben, welche Gefahr Saddam Hussein darstellt.
Viele von uns haetten sonst womoeglich vergessen, dass er chemische
Waffen gegen sein eigenes Volk, gegen die Kurden und
die Iraner eingesetzt hat. Hussein ist ein blutruenstiger Diktator und
eine der augenfaelligsten Verkoerperungen des Boesen in der heutigen Welt.

Aber nicht allein dafuer wollte ich Ihnen danken. Waehrend der ersten
zwei Monate dieses Jahres 2003 haben Sie der Welt eine Reihe
anderer, wichtiger Dinge gezeigt.
Ich moechte mich daher in Anlehnung an ein Gedicht, das ich als Kind
gelernt habe, bei Ihnen bedanken:

Danke, dass Sie allen gezeigt haben, dass das tuerkische Volk und sein
Parlament nicht kaeuflich sind, auch nicht fuer 26 Milliarden Dollar.

Danke, dass Sie der Welt gezeigt haben, welch tiefe Kluft zwischen den
Entscheidungen der Machthaber und den Wuenschen des Volkes liegt.
Danke, dass Sie uns vor Augen fuehren, dass weder José Maria Aznar
noch Tony Blair ihren Waehlern die geringste Achtung und Wertschaetzung
zeigen.
Aznar bringt es fertig, darueber hinwegzusehen, dass 90 Prozent der
Spanier gegen den Krieg sind, und Blair ist die groesste Demonstration der
vergangenen dreissig Jahre in England schlichtweg egal.

Danke, dass Sie Tony Blair dazu gebracht haben, mit einem Dossier,
das ein Plagiat einer Arbeit war, die ein Student zehn Jahre zuvor
geschrieben
hatte, vor das britische Parlament zu treten und es als vom britischen
Geheimdienst erbrachten schlagenden Beweis vorzustellen.

Danke, dass Sie Colin Powell gestatten, sich selbst zum Narren zu
machen, indem er dem UN-Sicherheitsrat Fotos vorlegt, die eine Woche
spaeter
von Hans Blix, dem Chef der UN-Ruestungskontrollkommission zur
Entwaffnung des Irak, oeffentlich angefochten werden.

Danke, dass Sie mit Ihrer Haltung dafuer gesorgt haben, dass bei der
UN-Vollversammlung der franzoesische Aussenminister Dominique de
Villepin mit seiner Anti-Kriegsrede Applaus geerntet hat, was meines
Wissens
vorher nur einmal in der Geschichte der UNO, im Anschluss an eine Rede
Nelson
Mandelas, geschehen ist.

Danke, dass Sie mit allen Ihren Bemuehungen, den Krieg
voranzutreiben,dazu beigetragen haben, dass die sonst untereinander
zerstrittenen
arabischen Nationen sich bei ihrem Treffen in Kairo in der letzten
Februarwoche
erstmals einstimmig gegen jedwede Invasion ausgesprochen haben.

Danke, dass Sie mit Ihrer rhetorischen Behauptung, die UNO habe nun
die Chance, ihre wahre Bedeutung zu zeigen, sogar die zoegerlichsten
Laender dazu gebracht haben, sich gegen jede Art von Angriff gegen den Irak

auszusprechen.

Danke, dass Sie mit Ihrer Aussenpolitik den britischen Aussenminister
Jack Straw zu der Erklaerung verleitet haben, im 21. Jahrhundert koenne es
Kriege geben, die sich moralisch rechtfertigen liessen, wodurch Straw
seine ganze Glaubwuerdigkeit verlor.

Danke, dass Sie versucht haben, ein Europa auseinander zu dividieren,
das fuer seine Vereinigung kaempft. Es wird ihm als Warnung dienen.

Danke, dass Sie geschafft haben, was nur wenigen in diesem Jahrhundert
gelungen ist: Millionen Menschen auf allen Kontinenten im Kampf fuer
dieselbe Idee zu vereinen,
auch wenn diese Idee nicht die Ihre ist.

Danke, dass Sie uns wieder fuehlen lassen, dass unsere Worte, wenn sie
vielleicht nicht gehoert, so zumindest ausgesprochen wurden. Das wird
uns in Zukunft noch mehr Kraft geben.

Danke, dass Sie uns missachten, dass Sie alle marginalisieren, die
sich gegen Ihre Entscheidung stellen, denn die Zukunft der Erde gehoert den
Ausgeschlossenen.

Danke, denn ohne Sie haetten wir nicht erkannt, dass wir faehig sind,
uns zu mobilisieren. Moeglicherweise wird es uns diesmal nichts nuetzen,
aber ganz sicher spaeter einmal.

Nun, da es keinen Weg zu geben scheint, die Trommeln des Krieges zum
Schweigen zu bringen, moechte ich wie ein europaeischer Koenig einst
zu seinem Invasoren sagen: "Moege dein Morgen schoen sein, moege die
Sonne auf den Ruestungen deiner Soldaten strahlen, dennnoch am Nachmittag
werde ich dich besiegen."

Danke, dass Sie uns - einer Armee anonymer Menschen, die wir die
Strassen fuellen, um einen Prozess aufzuhalten, der bereits im
Gange ist - erlauben zu erfahren, wie man sich fuehlt, wenn man
machtlos ist, und aus diesem Gefuehl zu lernen und es zu verwandeln.

Also, geniessen Sie Ihren Morgen und welchen Ruhm er Ihnen auch immer
bringen mag.

Danke, dass Sie uns nicht zugehoert und uns nicht ernst genommen
haben.

Doch Sie sollten wissen, dass wir Ihnen sehr wohl zugehoert haben und
Ihre Worte niemals vergessen werden.

Danke, grosser Staatsmann George W. Bush.

Herzlichen Dank.

© Diogenes Verlag,
Uebersetzung von Maralde Meyer-Minnemann
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weiterverbreitet ohne freundliche genehmigung des urhebers, aber wohl
in seinem sinne. und dem all jener, denen daran gelegen ist.