Thema: Amerika
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Alt 10-01-2003, 16:09
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Mal was ganz anderes, was aber auch zum Thema passt...
Zitat:
VERHÜTE UND BEKOMME GELD DAFÜR: LOHN DER STERILISATION

Bis Ende der siebziger Jahre wurden in den Vereinigten Staaten Zehntausende zwangssterilisiert, die nach eugenischen Gesetzen in mehr als dreißig amerikanischen Bundesstaaten keinen Nachwuchs bekommen sollten. Opfer der eugenischen Bewegung, die den Nazis als Vorbild diente, wurden mehr als sechzigtausend Kranke, Arme, unverheiratete Mütter, "Deformierte" und "Degenerierte". Auch Eliteuniversitäten wie Harvard, Cornell und Columbia sowie einflußreiche amerikanische Industrielle unterstützten die Bewegung, deren volkstümlicher Ausdruck Wettbewerbe und Paraden für "genetisch wertvolle Familien" waren. Selbst der Oberste Gerichtshof erhob zunächst keine Einwände. Im Gegenteil: "Für die ganze Welt ist es besser, wenn die Gesellschaft verhindern kann, daß sich jene weitervererben, die dazu offenkundig ungeeignet sind", schrieb Richter Oliver Wendell Holmes 1927 in der verhängnisvollen Entscheidung "Buck gegen Bell", als deren Folge die Zahl von Zwangssterilisationen in den Vereinigten Staaten sprunghaft zunahm. Der Supreme Court entschied zwar später, daß es verfassungswidrig sei, Hühnerdiebe und Räuber zwangsweise zu sterilisieren. Das hinderte einige Bundesstaaten freilich nicht, über Jahrzehnte weiterhin vermeintlich "Schwachsinnige" sterilisieren zu lassen. Erinnerungen an dieses dunkle Kapitel amerikanischer Geschichte weckt bei amerikanischen Bürgerrechtlern, Frauenverbänden und Kirchen ein Programm der 1997 in Kalifornien gegründeten Organisation "Project Prevention". Die Vereinigung, die auch unter dem Namen "Crack" auftritt, verspricht drogen- und alkoholabhängigen Männern und Frauen zweihundert Dollar als Belohnung dafür, daß sie sich sterilisieren lassen oder durch medikamentöse Behandlung mindestens ein Jahr vor Nachwuchs schützen. "Verhüte und bekomme Geld dafür", wirbt die Organisation auf Werbeblättchen, die sie vor allem in Wohngebieten sozial schwacher Amerikaner verteilt. Das Angebot kommt offenbar an. Nach Angaben der "Crack"-Gründerin Barbara Harris hat die Organisation bisher gut achthundertfünfzig Alkohol- und Drogenabhängige, und zwar überwiegend Frauen, für den Verzicht aufs Kinderkriegen mit Zweihundert-Dollar-Schecks belohnt. Zu einer operativen Sterilisation hätten sich freilich weniger als die Hälfte der Frauen bewegen lassen. Die Idee, finanzielle Anreize zur Geburtenkontrolle bei Alkoholikern und Drogenabhängigen zu setzen, kam Frau Harris, nachdem sie in Kalifornien mit einer Initiative, die auf gesetzlich vorgeschriebene Verhütung für drogenkranke Frauen zielte, gescheitert war. Zuvor hatte die Gründerin von "Crack" vier Kinder einer rauschgiftsüchtigen Mutter adoptiert. Deren Leiden hätte sie davon überzeugt, daß es besser sei, Drogen- und Alkoholabhängige brächten erst gar keine Kinder zur Welt. Unterstützung für ihr Programm sucht "Crack" bei Sozialarbeitern, in Krankenhäusern und in Gefängnissen - angeblich mit großem Erfolg. In den Vereinigten Staaten werden jedoch noch drastischere Maßnahmen erwogen, um sozial Schwache vom Kinderkriegen abzuhalten. So debattieren Juristen darüber, ob es rechtlich möglich wäre, Sozialhilfe unter der Bedingung befristeter medikamentöser Sterilisation zu gewähren.

KATJA GELINSKY

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.01.2003, Nr. 8 / Seite 42
Soviel zum Paradies der Menschenrechte und des Fortschritts auf der andern Seite des großen Teichs...
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Also sowelche Politiker sollte man ihr Amt abnehmen!
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