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Vollständige Version anzeigen : Der Straßenfußballer aus Münstee


Bhvpatt99
17-11-2006, 21:25
Erinnerungen an Maurice "Mucki" Banach
Münster-Berg Fidel. Ein Schulhof in der Vorstadt, irgendwann im Jahr 1977. Als Jungs kickten wir hier jeden Tag von drei Uhr nachmittags bis es dunkel wurde auf hartem Asphalt. Mein bester Freund war damals ein begnadeter Fußballer, also nahm er mich mit. Noch talentierter war jedoch ein dunkelhäutiger Bursche, den alle nur Mucki nannten. Der Kosename klang zugleich ehrfurchts- und liebevoll. Uns trennten damals Welten. Er wurde immer als Erster in eine Mannschaft gewählt, ich als Letzter. Er galt als Supertechniker, ich war ein Anti-Fußballer. Ich besaß enormen Respekt vor Maurice Banach, denn er war der absolute Star in unserer Straße. Er wirkte irgendwie unnahbar – durch seine irren Dribbelkünste, sein Selbstbewusstsein, seine dunkle Haut, sein krauses Haar.

Irgendwann verlor ich ihn aus den Augen. Beim Kick auf dem Pausenhof war er längst nicht mehr dabei, er trainierte jetzt unter professioneller Anleitung – auf Asche. Bis zur C-Jugend beim damaligen Oberligisten Preußen Münster, danach bei Borussia Dortmund. Eines Tages schlug ich den kicker auf und entdeckte mit Erstaunen einen Artikel über Mucki. Darin stand, dass er täglich mit dem Moped zum Münsteraner Bahnhof fuhr und dann mit dem Zug nach Dortmund zum B-Jugend-Training. Mit 17 erhielt er einen Profivertrag in Dortmund und durfte fortan neben Frank Mill und Norbert Dickel stürmen. Beim BVB kam er jedoch nur auf 14 Bundesligaeinsätze und zwei Tore. Daher wechselte er zum Reviernachbarn Wattenscheid 09 in die zweite Liga. Hier klappte es besser. Mucki bildete mit dem Ex-Preußen Uwe Tschiskale ein kongeniales Sturmduo und wurde 1990 mit 22 Treffern Torschützenkönig in der zweiten Liga.

Anschließend wechselte Mucki Banach zurück in die Eliteklasse zum 1. FC Köln, wo er sich unter Trainer Jörg Berger schnell eingewöhnte. Bei den Geißböcken kam er auf insgesamt 49 Einsätze und 24 Tore. Er hatte einen besonderen Torriecher, das zeichnete ihn aus. Wir, seine Fans aus Westfalen, seine alten Freunde, seine ehemaligen Nachbarn und Mannschaftskameraden vom SCP waren schon sehr stolz auf „unser Eigengewächs“ aus der münsterschen Provinz. Man spürte die Bewunderung überall. Einer, der mit uns auf Garagentore gekickt hatte, war drauf und dran, ein Großer in der Bundesliga zu werden. Das war was! Das rockte! Das hatte etwas Einmaliges, Spannendes und Wertvolles, auch wenn ich Mucki nicht unbedingt nahe stand und in all den Jugendjahren kaum zwei Sätze mit ihm geredet hatte. Leider.

Er wollte immer Bundesligaprofi werden und hat alles dafür getan. Das gefiel mir; das imponiert mir bis heute. Für mich war es wahnsinnig interessant, seinen Werdegang genauestens zu verfolgen. Schließlich wollte ich Sportjournalist werden und über Emporkömmlinge wie ihn schreiben. Also reifte in mir die Vorstellung, Mucki irgendwann einmal wiederzutreffen. Aber ich war damals noch nicht so weit. Ich hatte noch nicht mal mit dem Studium begonnen. Er hingegen klopfte bereits an das Tor zur Nationalmannschaft.

Das tragische Unglück kam plötzlich und unerwartet. In der Saison 1991/92 hatte er bereits zehn Tore erzielt und gehörte zu den besten Stürmern in Deutschland, als er jäh aus dem Leben gerissen wurde. An einem grauen Sonntagmorgen im November 1991 verunglückte Mucki auf der Autobahn tödlich. Er war auf dem Weg zum Training. Bei Remscheid geriet er mit seinem Wagen von der Fahrbahn ab, prallte gegen einen Brückenpfeiler und war sofort tot. Sein Fahrzeug brannte völlig aus. Fußball-Deutschland war geschockt. Besonders groß war das Entsetzen bei den FC-Fans und uns, den Menschen in seiner Heimatstadt Münster. Mucki hinterließ seine Ehefrau Claudia und zwei Söhne im Alter von damals drei Jahren und neun Monaten. Mir läuft es noch heute eiskalt den Rücken herunter, wenn ich an die Umstände seines Todes denke.

Auch heute, fast anderthalb Jahrzehnte später, bin ich noch sehr traurig, dass dieser Klasse-Fußballer nicht mehr da ist. Mit ihm ist auch mein bescheidener Traum gestorben: Wie gerne hätte ich ihn einmal besucht. „Hallo Mucki“, hätte ich gesagt, „lass’ uns eine kleine Geschichte für die Zeitung über Dich machen. Nach dem Motto „Vom Straßenfußballer zum Bundesligaprofi“ oder „15 Jahre nach der Schulzeit: Reporter trifft Stürmer“. "Wer ich denn eigentlich sei", hätte er dann sicher gefragt. Meine Antwort hätte ihn verdutzt: „Ich bin wie Du am Rincklakeweg aufgewachsen, nur ein paar Häuser weiter. Wir haben als zehnjährige Jungs fast jeden Tag zusammen gepölt. Du weißt schon: Damals. Auf dem Schulhof. In Berg Fidel.“


Autor: Erik Wegener

Swizzy
18-11-2006, 23:17
Hm, sehr nett geschrieben. Allerdings passiert das tagtäglich zig Menschen - nur weils ein bekannter Fussballer war ist das nichts "besonderes". Jeder ist ein Zahnrad, dass irgendwo benötigt wird. Vom Strassenfeger bis zum Kanzler - aber sie sind alle das gleiche.

Bossi
19-11-2006, 14:37
Hio

Jab...traurig...aber es ist leider nur ein weiteres "Schicksal"!
Passiert jeden Tag auf´s neue....Leider!!!!

in diesem sinne³:

Junker
19-11-2006, 19:28
Klingt so als ob der Reporter noch das beste aus der Sache machen möchte und auf Kosten des Toten jetzt diesen Artikel geschrieben hat um eben seine Bekanntheit usw zu steigern.